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Menonitas no Brasil

Mennoniten in Brasilien

   Nachrichten und Mennonitische Geschichte 

22.04.2024

 

 

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Editor: Udo Siemens

Nova edição: segundas, às 13 hs

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Peter Friesen vor der Schule, in der er als junger Mann als Lehrer gedient hat.


Reisen eines Schweizers nach Südrussland, 1822-1828, zu den Nogayen, ein Tatarenvolk, Nachbarn der Mennoniten

Folge 12
 


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Âncora 1

 

Reisen eines Schweizers nach Südrussland,
1822-1828,
zu den Nogayen, ein Tatarenvolk,
Nachbarn der Mennoniten

 

Letzte Folge

Schreckensjahr 1825

    Der schreckliche Winter von 1825  bis 1826. Eine traurige Merkwürdigkeit des Jahres 1825 war der furchtbar harte Winter, welcher seit Mannsgedenken seines Gleichen in dieser Gegend nicht gehabt hat. Mangel an Nahrung, Kälte und Schneegestöber raffte tausende von Thieren weg und bedrohte selbst die Menschen mit Hunger und Krankheit.

    Da es sowohl an nöthigem Futter für das Vieh als an Ställen fehlt, um zur harten Winterzeit die große Anzahl Viehes aufzunehmen und zu nähren, und da besonders Pferde und Schaafe Sommers und Winters auf freier Steppe zuzubringen und ihre Nahrung daselbst auch des Winters unter dem gewöhnlich nicht tiefen Schnee zu suchen gewohnt sind, so ist hier bisher, besonders von den Nogayen, noch sehr wenig für Stallung und Winterfütterung gesorgt worden.

    Das arme Vieh blieb also bei dem nun erfolgten harten Winter aller Unbill der Witterung ausgesetzt; ohnedem war das Jahr 1825  ein an Weide und Früchten mageres Jahr gewesen und das Vieh also schon seit einiger Zeit schlecht genährt und daher schwach. Auch der älteste Tatar konnte sich eines so harten Winters nicht erinnern, und Niemand war in diesem Klima auf diesen Steppen auf ein solches Ereigniß gefaßt. Den Anfang machte ein fürchterliches Schneegestöber, das weit umher sich verbreitete und in einigen Tagen sich mehrmals wiederholte. Die Schaafe hielten nicht mehr zusammen, sondern zerstreuten sich.

   Die Hirten, nichts vor sich sehend, giengen in der Irre und fanden ihre Heerden nicht. Die auf den unabsehbaren Flächen zerstreuten, einzeln stehenden Schaafe wurden am Kopfe mit Schnee und Eis bedeckt, bis sie nicht mehr sehen konnten; die Wolle klebte sich überall zusammen, der Kopf fror ihnen an die Brust, bald waren auch die Füße aneinander gefroren, und das Thier stand als ein Eisklumpe an dem Boden fest, ward endlich ganz mit Schnee zugedeckt und unter demselben lebendig begraben.

    Große Heerdenschaafe wurden an andern Orten in der Nähe des Meeres vom ungestümmen, orkanartigen Winde, durch Schneegestöber mit Blindheit und Angst geschlagen, in's Meer getrieben, wo sie ertranken. Die Pferde litten fast noch mehr als die Schaafe. Tagereisen weit entfernten und zerstreuten sie sich von ihren Weideplätzen und (man wird es kaum glauben können) viele wurden dergestalt mit Eis überzogen, daß sie sich nicht von der Stelle rühren konnten und bei manchen das Vordertheil vom Hintertheil des Leibes nicht mehr zu unterscheiden war.

   Wo nicht bald Hülfe geschafft werden konnte, mußten die Thiere erfrieren oder noch vielmehr — verhungern, da die Pferde dieses Jahr, wie gesagt, ohnehin schwach und entkräftet waren. Bei Teutschen, Russen und Tataren gieng in einer großen Strecke Landes längs dem Asowschen Meere und dem Flusse Molotschna etwa die Hälfte des Viehstandes zu Grunde. Was Schnee und Kälte geschont hatte, das fraß nachher der Hunger. Ein Teutscher, der mein Freund ist, verlor über 300 Pferde und 1200 Schaafe! Vier Tage nach dem großen Schneegestöber wurden noch Schaafe lebend unter Schnee und Eis, an den Boden angefroren, gefunden. Die Menge kleiner Schneehügel zeigten die begrabenen Thiere auf der Steppe an.

   Die Tataren hatten viel abzuledern und manche aßen sich diesen Winter nur zu satt an halb verrektem oder wirklich schon ersticktem Vieh und zogen sich dadurch Krätze und andere Krankheiten zu. Vor dem Hause meines Wirthes Ali sah ich täglich mehrere Pferde von einer Heerde, die in's Dorf getrieben wurde, vor Schwäche und Hunger fallen. Das für einen Theil des Viehes, aber nicht für die große Masse desselben, eingeärntete Futter war bald in den Dörfern aufgezehrt.

   Die hohen, aus dem vom Vieh sonst übrig gelassenen und verschmähten groben Stroh und Heu, nach Gewohnheit aufgeführten, mit Mist und Erde vermengten Mauern, welche einen Hof um die Häuser der Tataren bilden, wurden nun abgetragen und täglich eine sparsame Portion dieses vielleicht zum Theil schon viele Jahre alten, nassen und verfaulten Zeugs dem Vieh als Fütterung vorgelegt und von ihm mit Heißhunger, freilich nicht zum Gedeihen, verzehrt. Es konnte durch dies unnatürliche Futtersurrogat nur Weniges erhalten werden.

   In den teutschen Dörfern sah man viele, in einigen alle Strohdächer, so alt sie auch sein mochten, abgetragen und dem Vieh verfüttert. Um krankes und schwaches Vieh am Leben zu erhalten und vor Kälte zu schützen, wurden von vielen Teutschen Kühe und Kälber oder Schaafe in die Häuser aufgenommen. Man sah in Wohnstuben krankes Vieh oder auch schon verrektes, welches von den durch Theurung und Fruchtmangel, durch Kälte und Krankheit geschwächten Leuten nicht herausgeschafft werden konnte. Doch mehr noch als Körperschwäche schien viele dieser Teutschen abgestumpftes Gefühl und eine Art Verzweiflung befallen zu haben.

   In den Tatarendörfern lag alles voll verrekten Viehes abgeledert; vor manchen Häusern sieben und mehr Stücke, die nur erst nach dem Winter nach und nach auf die Seite geschafft wurden und also größtentheils vor den Häusern vermoderten, da die große Anzahl Hunde nicht im Stande war, so viel Fleisch zu verzehren. Diese Thiere hatten nun die beste Zeit, so wie die Füchse und Wölfe ihrerseits auf der Steppe.

   Der Gestank in den Dörfern und in beträchtlicher Entfernung von denselben war kaum auszustehen. Die nackten Häuser, sonst mit obenbesagten Mistmauern und mit Heu und Strohhaufen umgeben, standen nun da mitten in den Aesern von Pferden, Ochsen, Schaafen, unter denen wenige und übel aussehende Menschen, aber viele fette, dickbäuchige Hunde herumschlichen.

   Im Ganzen litt das Vieh der Tataren weniger, als das der Teutschen, indem es mehr an das freie Steppenleben, so wie auch an schlechtere Nahrung gewohnt ist. Was den Tataren selbst anbelangt, der mit wenig und schlechter Nahrung zufrieden und dem Pferdefleisch die liebste Speise ist, so fühlte und hatte er nicht den Mangel wie der Teutsche.

   Pferde hatten in diesem Winter am meisten durch Hunger gelitten, Schaafe mehr durch das Schneegestöber; doch trieb der Hunger auch diese so weit, daß sie einander die Wolle abfraßen. Man sah ganze Truppen Schaafe von Wolle entblößt, ganz nackt und roth; je das noch Stärkere fiel über das Schwächere her, raufte diesem mit den Zähnen die Wolle aus und verschlang sie mit Gier und in einer Art von Wuth. Endlich kam das junge Gras hervor und ein schöner Frühling machte dem Elend ein Ende.

   Die Folgen dieses Winters sind aber jetzt noch, besonders in der vergleichungsweise geringen Pferdezahl zu sehen. Für die Zukunft aber hatte dieser strenge Winter die ersprießlichsten Folgen. Der Verlust von mehr als der Hälfte der Pferde hielt die Nogayen von dem unnöthigen Rennen und Jagen auf der Steppe ab und zwang sie, mehr mit Ackerbau sich zu beschäftigen und ihr Vieh dazu zu benutzen. Sie versorgten sich in den folgenden Jahren auf den Winter besser mit Heu und Fütterung und haben seitdem viele Ställe für das Vieh erbaut. 

   Durch mehrere Tatarendörfer kamen wir über den Milchfluß nach dem russischen Dorfe Kisliar. Hier wurde eben Jahrmarkt gehalten. Könnte man plötzlich von der Leipziger Messe sich auf einen solchen russischen Markt versetzt sehen, so müßte es äusserst interessant sein, den Kontrast zu sehen zwischen Marktplatz, Buden, Waaren und Menschen.

    Die elenden Buden, die geringen, zum Theil elenden Holz und Eisenwaaren, die schlechten Zeuge und Tücher, die ausgeboten werden, das Gedränge von Russen, Tataren, Zigeunern, Juden, die tatarischen Arabas und russischen Powosgen oder Wagen auf dem Markte, die Kameele und was man um sich her sieht, die Sprachen, die man hört.

   Alles machte beim ersten Besuch eines solchen russisch-tatarischen Marktes einen eigenen Eindruck auf mich, der mir unauslöschlich bleiben wird. Ali, mein tatarischer Freund, wollte mir recht oft die Freude und das Vergnügen machen, solche Märkte zu besuchen; — denn der Russe und Tatar hält begreiflich nicht weniger darauf, als unter unserm großen Haufen so Manche, die, oft ohne etwas kaufen zu können oder zu wollen, doch recht viel versäumt zu haben glauben, wenn sie nicht im Putz sich selbst ausstellen, und all das Neue und Schöne, was in den Buden und um dieselben herum ist, betrachten können.

    Der teutsche Kolonist selbst macht sich auf solchen russischen Märkten gerne lustig und die russischen Blondinen verweigern ihm keinen Tanz. Auch der Mennonite kommt in seinem Spazierwagen angefahren, sieht dem Ding nicht ungern zu und läßt sich ein Glas Schnapps oder krimmschen Wein gut schmecken. 

   Mein Fuhrmann wollte nie bei Russen einkehren; ich blieb also mit ihm Tag und Nacht auf dem Felde. —. Wir hatten uns mit Nahrung und Kochkessel versehen. Wir kochten Schorba. Dicke Milch dazu hatten wir in einem leinenen Sack, nach Tatarenart, unten an den Wagen gebunden, damit bei der Scheidung der Milch, das Wasser abtropfen könne. Durch das lange Fahren und Rütteln des Wagens wurde eine Art Käse daraus, der eine dicke Kruste von Straßenstaub, der durchgerungen war, um sich hatte.

   

In der teutschen Kolonie Zürichthal nahm ich Abschied von den Tataren.

   Daß ich Gott meinen Vater nannte, wie ich es denn auch mit Freude und dankbarem Herzen thun kann und darf, war den Nogayen immer anstößig.

 

Abschied. Reflexionen.

   So gern ich in Rußland und bei den Tataren war, so fand ich es doch gerathener, meiner wenigen übrigen Kräfte noch zu schonen und sie wenn möglich wieder zu stärken und zu mehren. Bei den Tataren wußte ich für einmal keine Beschäftigung, welche weniger Gesundheit, Kraft und Anstrengung erfordert und bei welcher ich auch meinen Unterhalt und mein Fortkommen gefunden hätte, als die frühere, bei der ich nicht mehr bestehen konnte. Ich fühlte mich noch so schwach, daß ich nicht einmal einer kleinen Heerde Vieh aus der Cisterne das nöthige Wasser zu schöpfen vermochte.— Getrennt von den Tataren suchte ich in Rußland kein Unterkommen und zog also vor, nach der schönen Schweiz zurückzukehren.

   Mein Körper, durch Krankheit in Polen und Rußland geschwächt und für alles empfindsamer geworden, war zwar noch nicht untüchtig zu mancher Beschwerlichkeit und Arbeit, aber doch nicht mehr stark genug, um Tataren, und Steppenleben zu theilen.

 

Rückreise nach der Schweiz. Rußland.

   Nach schmerzlichem Abschiede von dem guten Ali und dessen Familie, so wie von den teutschen Freunden an der Molotschna, reiste ich, von einem wackern Teutschen geführt, den gewohnten Weg in sieben Tagen nach Odessa. Die Anwesenheit des kaiserlichen Hofes, vieler Militärs, auswärtiger Diplomaten und der Offiziere eines großen Theils der hier im Hafen liegenden Kriegsflotte machte diese Handelsstadt jetzt sehr lebhaft.

 

Rückreise nach der Schweiz.

   Ali, mein tatarischer Begleiter, schenkte mir ein Pferd mit Sattel und Zaum, und er fühlte sich beleidigt, daß ich bezahlen wollte, und anstand, es als Geschenk anzunehmen. Er selbst wollte mich über die öden Steppen bis auf die große Poststraße bei Cherson begleiten; als wir aber am dritten Tage Teutschen begegneten, welche nach Odessa reisten, so nahm ich Abschied von ihm.

   Weinend fiel er mir um den Hals, was mir die Trennung von diesem wackern Tataren noch empfindlicher machte. In den rührendsten Ausdrücken wünschte er mir glückliche Reise, gab mir Grüße auf an alle Freunde und Verwandte in der Schweiz, besonders aber an meine Mutter, wenn ich sie noch am Leben antraf. Er schloß mit dem aufrichtigen Wunsche, daß ich bald wieder glücklich zurückkommen mochte. — Das werde ich auch, guter Ali!

 

   Endlich fuhren wir — fünfzig Kauffahrteischiffe an der Zahl — unter dem Schutze zweier österreichischer Kriegsschiffe zum Schutz gegen Seeräuber vom Hafen Konstantinopels aus.

   Da von der Flotte mehrere Schiffe sehr schlecht segelten, so mußten die Schnellsegler, um nicht einen zu großen Vorsprung zu gewinnen und sich nicht zu weit von der Flotte zu entfernen, einige Segel eingezogen halten. Ein Kriegsschiff führte die Flotte an, das andere schloß den Zug und schleppte am Tau ein schlechtsegelndes Schiff nach. Diese beiden Kriegsschiffe korrespondirten beständig mit einander durch Signale und sprachen auch etwa durch solche mit der einen oder andern Numer der Kauffahrer; des Nachts durch Laternen oder Kanonenschüsse.

 

   Mit vollen Segeln fuhr man der schönen und berühmten Insel Elba  vorbei auf die Rhede vor Livorno, Italien. Dies geschah in der Nacht vom 11. August, nach einer Reise von 75 Tagen von Odessa. Die Ankunft wurde mit Kanonenschüssen verkündigt. Mit Tagesanbruch kam der Arzt der Quarantaine an's Schiff gefahren und zwei Wachen stiegen an Bord.

    Am dritten Tage wurden die Passagiers in die prächtigen großen Gebäude der Quarantaine abgeholt. Die 40 Tage, welche ich hier zubringen mußte, vergiengen mir wie eben so viele Stunden. Livorno soll eine der besten Quarantaine-Anstalten am Mittelmeere besitzen. Die Einrichtung ist vortrefflich. Jeder Reisende hat sein geräumiges, hohes Zimmer mit Kamin und Appartement. Am Tage kann man in Höfen spazieren gehen, jedoch ohne sich zu berühren, worauf die Guardians Obacht halten, den unwissenden Reisenden über alles belehrend. Jede Berührung mit solchen, die nicht auf demselben Schiffe angekommen, hat Verlängerung des Aufenthalts zur Folge.

    Abends werden die Thüren der Zimmer von aussen verriegelt. Ein Restaurateur verschafft gegen billige Bezahlung die nöthige Speise. Man kann sich aber auch selbst kochen, da alles aus der Stadt hineingebracht werden darf. Das Logis ist frei; Tische, Stühle u. dgl. kann man von den Aufsehern für die Zeit des Aufenthalts entlehnen.

    Merkwürdig sind die Anstalten und Einrichtungen, welche hier zur Verhütung der Ausbreitung des Pestübels getroffen sind, dem, der das erstemal damit bekannt wird. Nach vierzig Tagen sprach der Arzt mich frei und ich gieng über die Zugbrücke nach dem, eine halbe Stunde entfernten Livorno.

 

Ein Brief des tatarischen Freundes Ali

Nachträglich bekam ich einen Brief meines tatarischen Freundes Ali, als Antwort auf mein Schreiben aus Konstantinopel vom Monat Juni 1826.

 

Lieber Daniel:

   Deinen Brief in unserm Dialekt habe ich erhalten. O, was hatte ich für Freude, als unser hinkende Priester mir ihn vorlas. Ich danke Gott, daß er Dich über das Schwarze Meer zu unserer Hauptstadt Istambul geführt hat und bete auch zu ihm, daß er Dich glücklich nach Hause bringen möge. Wir waren Alle voll Freude über deinen Brief. Ich, Weib und Kind hatten immer Dani im Munde; die Kinder überhaupt. Wir sind Alle, Gott sei Dank, gesund und gedenken Deiner jetzt mehr als zu der Zeit, da Du bei uns warst.

    Unvergeßlich ist der Abschied bei dem Grabe meines Kindes Dauwletkan. Ich kann ohne Thränen an diese Scene nicht gedenken; ich sehe, nicht allein für Lebendige, sondern auch für die Verstorbenen bist Du ein theilnehmender Mensch. Alle unsere Nogayen sagten zu mir: „den Menschen hat Gott dir gesandt"; so wie sie auch immer von Dir sprechen und des einen und andern von deinen Gesprächen eingedenk sind. Man hat Dich nicht vergessen und ich werde in Ewigkeit an Dich denken. O Daniel, mein Bruder! mein Sohn! wie kann ich an Dir so hangen? Was ist das? Ich versteh' es nicht. Gott weiß alles! Er weiß auch, was in mir vorgeht. Ich, ein Muselmann, von Jugend an gelehrt, den Christen so wenig zu achten, als könnte er nichts Gutes an sich haben, fühle mich doch mit Dir, einem Christen, verbunden. Ich sehe, vor Gott ist nicht ein so großer Unterschied, als es unter Menschen ist. Meine Frau ist 10 Tage vor dem Kurban Bairam niedergekommen und hat mir eine Tochter geboren, welcher der Mollah den Namen aus dem Buche gegeben hat. Mutter und Kind waren gleich gesund und stark. Meine Wirthschaft hat sich geändert; am Takmaker Jahrmarkt habe ich zum Theil mein Vieh verkauft, behalten 2 Kühe, 2 Ochsen, den Schimmel vertauscht an eine Stute mit einem Füllen und 40 Rubel noch dazu. Deine Mühe, den Pflug und die Saatfrucht von den Teutschen zu besorgen, ist mir lauter Segen geworden; habe geärntet 240 Mereke Waizen, 170 Mereke Gerste, 600 Mereke Hirse, wovon ich 165 Mereke statt Arbeitslohn den Arbeitern gegeben, Heu gemäht 480 Kopitzen, wovon 280 verkauft habe. Nun, Gott sei Dank! viel Brod; nur fehlt uns Daniel, der alles so genau und redlich im Hause besorgte, daß nichts verloren oder zu Grunde gieng. Deine Mutter grüße tausendmal; ob ich sie wohl nicht kenne, so rechne ich mir sie doch als meine Mutter zu; so lasse sie auch für uns in dieser Welt beten, wie Mütter es zu thun pflegen für ihre Kinder. 500 ja 1000 Werst wären mir nicht zu weit, sie einmal zu sehen und kennen zu lernen, weil ich fühle, daß sie eine gute Mutter sein muß! Mein Weib gab mir heute die Hand, als ich sagte, ich wolle zu meinem alten Wirthe reisen, um an Daniel schreiben zu lassen; sie sagte: „Hier ist meine Hand, als schrieb ich ihm selbst!" Abdullah und Kutlukan, ihre Hände sind auch mit mir. So sehe also diese teutschen als mein und meiner Familie eigene Worte in der Nogaysprache an. Nun mein Bruder und Sohn! Gott, der Alleinige, sende seinen Engel zum Reisegefährten, dann kommst Du unbeschädigt an. Stirbst Du auf deinem Wege, — von unserer Seite ist nichts Aufhaltendes, was uns wieder in dem Paradies zusammenbringen sollte, so auch, wenn Du von uns eines nicht mehr in diesem Leben antreffen solltest, wir den Glauben haben, daß keine Uneinigkeit auch von deiner Seite zur besagten Vereinigung die ewige Freude stören werde. Nun sei gegrüßt viel tausendmal in deinem Land und in deiner Mutter Haus! Wir vergessen Dich nimmer, und so wie ich von Dir höre, wirst auch Du uns in Ewigkeit nicht vergessen. Dies sei Amin! Meine Hand geht mit diesem Briefe, das bezeichnet meine eigene Unterschrift als Zeichen herzlicher Begrüßung. (Er unterzeichnet, da er nicht schreiben kann, mit einigen Strichen.)

Die ersten Folgen dieser Serie zum Nachlesen  - Hier

Ende

 




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